Tag der Briefmarke 2023

Tag der Briefmarke 2023

© Ruven Wiegert

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„Tag der Briefmarke” 2023

Schätze der Philatelie – Stralsund-Brief

Halbierungen zählen zu den großen Kostbarkeiten der Philatelie der Altdeutschen Staaten. Da der Absender des Briefes keine passende Marke zur Hand hatte, schnitt er kurzerhand die Marke vor Aufkleben auf den Brief durch. Dabei wurde offensichtlich der Umstand übersehen, dass die postalischen Bestimmungen eine Halbierung von Freimarken eigentlich nicht ausdrücklich gestatteten. Die Postanstalten sahen hierfür keinen Regelungsbedarf, da alle Wertstufen für eine vollständige Frankierung bei den Postanstalten vorhanden waren. Obwohl diese Fälle nicht geregelt waren, zeigen die bekannten Halbierungen, dass diese Briefe größtenteils unbeanstandet befördert und die Halbierungen toleriert wurden.

Der Stralsund-Brief ist zweifellos eine der schönsten Halbierungen Altdeutschlands und besticht sowohl durch die saubere Entwertung der Marken mit dem Zweikreisstempel von Stralsund als auch durch die kaligraphisch eindrucksvolle Anschrift an einen Maurermeister in Berlin. Halbiert wurde die rechte Marke eines Paares des 2 Silbergroschen-Wertes der zweiten Preußen-Ausgabe von 1857 auf glattem Grund. Damit sollte eine tarifgerechte Frankierung von drei Silbergroschen für einen Brief bis einem Loth bei einer Entfernung über 20 Meilen erzielt werden. Das genaue Jahr dieser Halbierung ist aufgrund des fehlenden Briefinhaltes nicht zu ermitteln. Die Entwertung der Marken mit dem Aufgabestempel, die ab 1. April 1859 üblich war, lässt den Schluss zu, dass die Halbierung frühestens aus dem Jahr 1860 stammen kann. Zu dieser Zeit waren die verwendeten Marken bereits durch eine neue Ausgabe auf gegittertem Grund ersetzt worden.

Die hier gezeigte Halbierung ist eine von vier bekannten Halbierungen des Königreiches Preußen und die einzige Halbierung der zweiten Ausgabe. Der Brief befand sich ursprünglich in der Sammlung des berühmten Sammlers Philipp von Ferrari. Die nächste Spur findet sich im Jahr 1937, als die Rothschild-Sammlung versteigert wurde und dabei auch der Stralsund-Brief einen neuen Besitzer fand. In den vergangenen Jahrzehnten war der Brief in den Sammlungen der bekannten Sammler John R. Boker und Erivan Haub nachweisbar.

Text: Reinhard Küchler